Der Ortsvereinsvorsitzender Helmut Haigermoser konnte als Referenten Stefan Kattari aus Grassau begrüßen, der Mitglied im Naturschutzbeirat des Landkreises ist, Naturschutzreferent des Deutschen Alpenvereins Sektion Achental, dort auch Beisitzer im Vorstand und er ist Beisitzer im Vorstand der Bayerischen Botanischen Gesellschaft.
Seit 2002 macht er Naturführungen für Grassau und anderen Achentalgemeinden und er ist Beisitzer im Ökomodell Achental e.V. Kattari erläuterte bei seiner Vorstellung, dass er Botanik grundsätzlich als seine Berufung sehe und dies dann auch studiert habe, er biete seine unparteilichen Beratungen allen an, dass man daraus Schlüsse ziehen könne, was Artenvielfalt überhaupt bedeute und welche Maßnahmen wirklich hilfreich und wirkungsvoll seien. Enttäuschen musste er Eingangs den Ortsvorsitzenden Haigermoser, der sich gewünscht hatte, über den Vortrag Rezepte zu erhalten, wie man in der Gemeinde Artenvielfalt konkret erhalten könne. Er könne und wolle keine Rezepte verteilen, so Kattari, die müsse man sich selber erarbeiten, er wolle Hintergrundinformationen liefern, die dann hoffentlich passende Reaktionen auslösen. Es sei alleine schon schwierig sich auf den Begriff Naturschutz zu einigen, das sehe man an den aktuellen Forderungen der Jugend und an Lösungsvorschlägen der Politik in den verschiedenen Ländern. Man müsse sich erst einmal auf eine gemeinsame Basis einigen. Der erst um 1880 entstandene Begriff Naturschutz müsste aktuell eigentlich heißen: Kulturlandschaftsschutz. Denn alles „verwildern“ zu lassen sei auch Unsinn. Man müsse bei dem Thema Artenvielfalt den Lebensraum mit einbeziehen und die genetische Vielfalt berücksichtigen. Dies sei beim Blick auf den Menschen noch unterscheidbar, bei Tieren unter Umständen auch noch, aber schon bei Pflanzen wird es schwierig. So habe man in unseren Bergtälern einmal Fichten gepflanzt, die aber aus dem Harz stammten, erst spät merkte man, dass die Äste dieser Art stark nach außen wuchsen, unsere dagegen nach unten hängen, so dass der Schnee leichter abrutschen konnte. So mache jedes Ökosystem für sich einen Sinn. Bei den Tieren erläuterte er, dass es in Bayern 706 Wirbeltiere gibt, etwa 10.700 wirbellose und cirka 33.000 Insekten. Dabei sei, trotz aller Versuche von Schutzmaßnahmen, ein Abwärtstrend zu beobachten, von ursprünglich etwa 3.250 Schmetterlingsarten sind seit dem Jahr 2000 cirka 400 in Bayern nicht mehr zu finden und von 515 Bienenarten stehen 1/3 bereits auf der Roten Liste.
Es wird auch viel über die Nahrungskette gesprochen, dabei gibt es in Wirklichkeit nur ein breites Nahrungsnetz, den die wenigsten Arten sind auf eine einzige Nahrungsquelle angewiesen und dieses Netz sei bei uns immer noch sehr stabil. Dabei ging er auch auf die landwirtschaftliche Nutzung ein, bei exensiver Nutzung, (das bedeutet sehr geringer Einfluss des Menschen) gibt es eine geringere Artenvielfalt, ebenso bei intensiver Nutzung, die höchste Vielfalt ist in unserer Kultuslandschaft zu beobachten, mit ihrer vielfältigsten Flächennutzung. Dabei wollte er auch auf eine Aussage zurückgreifen, die schon seine Richtigkeit hat: „ Schützt die Natur von den Naturschützern“. Wenn alles aufgeräumt ist, alles sauber und ordentlich ist, dann verliert auch die Artenvielfalt. Warum nicht wilde Ecken bestehen lassen, Totholz auch einfach mal liegen lassen, Pfützen nicht auffüllen und Brennesseln ihren Raum geben. Bei Nisthilfen, man spricht oft von Insektenhotels, darauf achten, dass 2/3 der Tiere eh im Boden nisten, also nicht unbedingt so etwas kaufen und bestimmt kein Pflaster darum verlegen. Lieber selber anfertigen, in einen Holzstumpf, quer zur Maserung verschieden große Bohrlöcher anbringen und das möglichst tief, das wird eher von den Tieren angenommen.
Oft wird gefordert, ganze Grünflächen in Blumenwiesen um zu gestalten. Dazu braucht es kein Umpflügen der ganzen Fläche und es ist auch nicht notwendig alles mit Samen abzudecken, es reicht, nur einen Streifen, oder punktuell aufzufräsen und den Samen einheimischer Arten auszubringen, oder einzelne einheimische Blumenarten zu pflanzen, auch diese vermehren sich sehr schnell. Eine Möglichkeit ist auch, Mähgut von Blumenwiesen auszustreuen. Wichtig ist es, dass die Fläche auch gepflegt wird, jede schöne landwirtschaftliche Blumenwiese wird auch 2 bis 3 mal im Jahr gemäht. Bei Grünstreifen z.B. zwischen Radweg und Straße ruhig nur eine Mähbreite am Rand jeweils mähen, weil einfach auch erwartet wird, dass es sauber aussieht. In der Mitte dann nur zweimal im Jahr mähen, auch das ist garantiert eine Möglichkeiten Artenvielfalt zu begünstigen. Hier empfiehlt Stefan Kattari, lobt eure Mitarbeiter des Bauhofs, sie leisten immer ihr bestes aber sie arbeiten meist unter Zeitdruck. Redet mit ihnen wenn es Änderungsvorschläge über den Arbeitsablauf gibt, auch für sie ist Artenvielfalt kein Fremdwort. In diesem Zusammenhang wurde auch über Ausgleichsflächen gesprochen, die von den Gemeinden oft auszuweisen sind, damit würden aber auch immer mehr landwirtschaftliche Flächen einer Nutzung entzogen, hier gibt es aber inzwischen genügend Möglichkeiten flächensparender tätig zu werden, aber das ist halt meist auch deutlich teurer, so der Referent.
Sein Vortrag endete mit der Aussage, es gibt immer mehrere Aspekte der Sichtweise, es gibt immer mehrere Lösungsansätze, aber es gibt immer einen Weg wenn man miteinander redet. Jeder einzelne muss, kann und sollte dazu beitragen Artenvielfalt zu sichern, angefangen im eigenen Grundstück, gerade da ist man nämlich nicht fremdbestimmt.
Pressemeldung des SPD Ortsverein Tacherting